QM als Owner von KVP-Maßnahmen
Die erste Rolle, die das Qualitätsmanagement im KVP übernehmen kann, ist die des KVP-Maßnahmen Owners. In dieser Rolle ist das Qualitätsmanagement direkt verantwortlich für die Umsetzung von Verbesserungen, insbesondere in den Bereichen, die von vornherein in seinen Zuständigkeitsbereich fallen. Dazu zählen beispielsweise die Dokumentenlenkung, das Risikomanagement oder der Schulungsprozess.
Als KVP-Maßnahmen-Owner kennen wir uns bestens aus. Wir haben den entscheidenden Vorteil, dass wir den KVP-Prozess selbst gestaltet haben und das Thema KVP innerhalb des Qualitätsmanagements als wichtige Tätigkeit angesehen wird.
QM als Process Owner
Spannender ist die Rolle von QM als Process Owner des KVP-Prozesses. Die Herausforderung bei dieser Rolle liegt darin, dass dieser Prozess viele verschiedene Abteilungen und Schnittstellen im Unternehmen betrifft. Wenn ich den Prozess daher ändere, müssen mitunter alle im Unternehmen abgeholt werden. Der Prozess muss geschult werden und die Mitarbeitenden müssen sich an den neuen Ablauf gewöhnen. Daher sollte der Prozess auch nicht zu oft angefasst werden.
Internationaler KVP und in großen Organisationen
In größeren Unternehmen mit mehreren Standorten ist es sogar sinnvoll, unterschiedliche KVP-Prozesse für die einzelnen Standorte zu entwickeln. Nur so können wir den kulturellen und organisatorischen Unterschieden gerecht werden. Wenn es international wird, sollten Sie auf jeden Fall verschiedene KVP-Prozesse einführen. Die Kulturen von Ländern können sich nämlich stark unterscheiden.
Ein Beispiel hierfür ist die japanische Kultur. In Japan ist das Harmoniebedürfnis sehr groß und auch Disziplin hat einen deutlich höheren Stellenwert als bei uns. Im asiatischen Raum steht mehr die Gruppe als das Individuum im Mittelpunkt. Wenn in Japan eine Fußgängerampel rot ist, dann bleiben die Menschen stehen. Solches Verhalten kommt uns beim Qualitätsmanagement entgegen. In Japan ist es aber auch sehr wichtig, sein Gesicht zu wahren. Wenn hier falsch vorgegangen wird, kann das schnell dazu führen, dass man jemanden bloßstellt, beleidigt oder sich selbst blamiert. Das sollte bei der Gestaltung eines KVP-Prozesses in Japan berücksichtigt werden. Schließlich geht es oft auch um Fehler.
KVP Prozess sinnvoll gestalten
Als Process Owner des KVP-Prozesses geben wir auch das System vor, mit dem andere ihre Verbesserungen bearbeiten. Ein zu komplexer Prozess führt schnell dazu, dass Mitarbeitende Verbesserungen lieber „hinter dem Rücken“ des Qualitätsmanagements durchführen, um den bürokratischen Aufwand zu vermeiden. Größere Änderungen werden mitunter erst gar nicht angegangen, weil das dann auf jeden Fall auffallen würde und das Qualitätsmanagement mit einbezogen werden müsste.
Deshalb ist es unerlässlich, dass wir einen KVP-Prozess vorgeben, der von allen Beteiligten gelebt werden will und mit dem es Spaß macht, sich in das Unternehmen einzubringen.
QM als Unterstützer und Wächter des KVP
Die wohl herausforderndste, aber auch lohnendste Rolle des QM im KVP ist die des Unterstützers und auch Wächters des KVP-Prozesses. Als Process Owner des KVP-Prozesses sind wir bei jeder KVP-Maßnahme automatisch mit dabei. Wenn während eines externen Audits unser KVP-Prozess geprüft wird, muss sich das Qualitätsmanagement immer zuerst gegenüber dem Auditor rechtfertigen, warum Maßnahmen seit über einem Jahr offen sind. Dieser Umstand birgt jedoch auch Risiken.
Um bei einem Audit nicht in eine unangenehme Situation zu geraten und Konflikte im eigenen Unternehmen zu vermeiden, ist es verlockend, die Maßnahme selbst zu erledigen oder erst gar nicht im KVP-Prozess einzutragen. Doch das ist ein Fehler. Schauen wir uns ein Beispiel an.
Beispiel: Die Entwicklung die keine Lust auf Prozesse hat
Das interne Audit hat ergeben, dass die Entwicklung den vorgegebenen Entwicklungsprozess nicht einhält. Infolgedessen wurde eine Nichtkonformität verfasst. Die Ursachenanalyse hat gezeigt, dass der Entwicklungsprozess zu umständlich ist und daher überarbeitet werden muss.
Die Entwicklung hat aber keinerlei Interesse daran, weil Tätigkeiten wie das Zeichnen und Konstruieren von Teilen sowie die anschließende Prüfung viel mehr Spaß machen. Die Dokumentation ist dabei eine lästige Nebentätigkeit, die vernachlässigt wird. Selbstverständlich umfasst Dokumentation auch Prozesse sowie KVP. Die Konsequenz ist, dass die Entwicklung den Entwicklungsprozess nicht überarbeitet und sich auch nicht an den bestehenden Prozess hält. Wie gehen wir jetzt damit um? Welche Konsequenzen sind nun die richtigen?
Als erstes muss die Unternehmensstruktur überprüft werden. Es handelt sich hierbei um ein gravierendes Problem für das Unternehmen. Die Verantwortung für das Unternehmen trägt die Geschäftsführung bzw. der Vorstand. Diese hat die Verantwortung für den Entwicklungsprozess an die Entwicklung delegiert. Laut Organigramm und anderer Dokumente haben wir keinerlei Weisungsbefugnis oder disziplinarische Führungsgewalt über diesen Bereich. Auch kann das Qualitätsmanagement keine Abmahnungen schreiben, wenn bewusst gegen Prozesse verstoßen wird.
Die Aufgabe des Qualitätsmanagements war es, den Entwicklungsprozess zu prüfen. Diese Aufgabe wurde erledigt. Nächste Aufgabe ist, an die verantwortliche Stelle zu berichten, dass die Maßnahmen nicht umgesetzt werden, zusammen mit den Konsequenzen, die sich daraus ergeben können. Gerade bei kleinen bis mittleren Unternehmen ist dies in diesem konkreten Fall die Geschäftsführung.
Es geht um mehr als optionale Verbesserung
Das Beispiel klingt überhaupt nicht nach dem jetzigen Zeitgeist und auch nicht nach New Work oder Organisationsentwicklung. An dieser Stelle möchte ich aber ganz deutlich machen: Ich liebe Qualitätsmanagement als Organisationsentwicklung wirklich. Aber wir bewegen uns hier auch im regulatorischen Bereich und es geht oft um Produktsicherheit.
Ebenfalls haben flache Hierarchien ihre Grenzen. Die Geschäftsführung hat immer eine Haftung und Verantwortung, die deutlich umfangreicher ist als die der Mitarbeitenden. Je nach Markt und Branche haben auch Qualitätsmanagementbeauftragte eine umfangreichere Haftung und sind bei Behörden gemeldet.
KVP ist Organisationsentwicklung
Das Beispiel zeigt: Fängt QM an, der Entwicklung beim Einhalten der Prozesse hinterherzurennen oder sogar die Dokumentationsarbeit abzunehmen, wird ein wichtiger Lernprozess verhindert. Und zwar der Lernprozess, sich an Prozesse zu halten. So wird auch verhindert, dass der Bereich lernt, eigene Prozesse zu entwickeln oder Qualitätsprobleme selbst zu lösen.
Das Qualitätsmanagement muss sich darüber im Klaren sein, dass es nicht Teil des Prozesses ist und den alltäglichen Ablauf in dem Bereich nicht kennt. Auch wenn wir vielleicht Konstruktion oder Softwareentwicklung studiert haben, kennen wir doch nicht das soziale System der Abteilung und auch nicht die Projektbedingungen, unter denen die Entwicklung stattfindet.
Selbst entwickelte Prozesse haben einen weiteren entscheidenden Vorteil: Menschen identifizieren sich besser mit den eigenen Lösungen. Schließlich verbinden sie die Lösungen mit ihrer Person und haben den Prozess auch wirklich einmal von Anfang bis zum Ende durchdacht und in Relation zu ihrer Wirklichkeit gesetzt.
Fazit: QM im KVP – Mehr als Maßnahmen überwachen
Die drei vorgestellten Rollen zeigen eindeutig, dass das Qualitätsmanagement im KVP-Prozess eine zentrale Funktion einnimmt. Als Owner von KVP-Maßnahmen, Process Owner oder Unterstützer und Wächter von KVP spielt das Qualitätsmanagement eine entscheidende Rolle bei der Implementierung und Pflege eines funktionierenden KVP-Systems. Ebenso ist deutlich geworden, dass Qualitätsmanagement immer auch Organisationsentwicklung ist und das Qualitätsmanagement einen starken Einfluss auf die Unternehmenskultur hat.
Falls Sie KVP spannend finden, so kann ich Ihnen noch folgenden Artikel wärmstens empfehlen: KVP – Von der Idee zur Umsetzung.