Falsche Deadlines

von | 16. November 2022 | Projektmanagement, Selbstorganisation/Zeitmanagement

Falsche Deadlines

Erfahre Sie in diesem Artikel, wie Sie falsche Deadlines erkennen und was Sie tun können, um Planungsfehlschlüsse zu vermeiden.
Falsche Deadlines

Spätestens wenn in einem Unternehmen Projektmanagement eingeführt wird, kommen damit auch die Deadlines und Fristen. Oft sind diese völlig aus der Luft gegriffen und können am Ende nicht nur das Projektmanagement, sondern auch die Kultur des Einhaltens von Deadlines beeinträchtigen. Erfahren Sie in diesem Artikel, wie Sie aus der Luft gegriffene „falsche“ Deadlines erkennen und wie Sie Planungsfehlschlüsse vermeiden können.

Echte und falsche Deadlines

Echte Deadlines

Ein absolut passendes Beispiel für echte Deadlines sind die Abgabefristen des Finanzamtes. Wenn Ihr Unternehmen eine Umsatzsteuererklärung verspätet abgibt, kann das Bußgelder zur Folge haben oder sogar als Steuerhinterziehung gewertet werden. Ebenfalls echte Deadlines sind Abgabefristen in der Schule oder Uni. Die Student:innen wissen, dass sie die schlechteste Note bekommen können, wenn sie die Frist nicht einhalten. All diese Fristen zeichnen sich dadurch aus, dass Konsequenzen für Sie als Person oder Ihr Unternehmen drohen, wenn die Fristen nicht eingehalten werden.

Falsche Deadlines

Falsche Deadlines dienen als Druckmittel gegenüber einzelnen Personen, Teams oder sogar ganzen Unternehmen. Am häufigsten finden Sie sie jedoch intern. Jemand überträgt eine Aufgabe an eine Person und fordert gleichzeitig eine Frist, bis wann die Aufgabe erledigt sein kann. In der Regel folgt eine Zusage in einem naheliegenden Zeitraum, und somit entsteht eine falsche Deadline. Ob die Aufgabe einen Tag oder bis zu mehreren Monaten später erledigt wird, spielt bei diesen Deadlines meist keine Rolle. Jemand anderes möchte lediglich, dass die Erledigung möglichst zeitnah erfolgt, und setzt eine Frist als Druckmittel ein. Deshalb bezeichne ich diese Deadlines als falsche Deadlines. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass keine Konsequenzen drohen, wenn Sie die Deadline nicht einhalten.

Zu viele Deadlines funktionieren nicht

Viele Menschen gehen davon aus, dass sie den Aufwand für eine Aufgabe ungefähr einschätzen können und sich daraus dann ein Gesamtaufwand berechnen lässt. Projektmanager bauen aus diesen vielen Schätzungen dann Gantt-Diagramme. Die Sache hat jedoch einen Haken: Menschen können die Zeit, die sie für eine Aufgabe benötigen, nur sehr schwer einschätzen. In der Regel steigt die Genauigkeit mit der Erfahrung. Bei großen Aufgaben, die noch nie erledigt wurden, sind die Schätzungen jedoch besonders ungenau. Diese Art von Fehleinschätzung wird auch Planungsfehlschluss genannt. Falls Sie sich mehr dafür interessieren, könnte der Wikipedia-Artikel hilfreich sein oder diese pychologische Studie. Sie können den Effekt aber auch mit folgendem Selbstexperiment sehr einfach verdeutlichen:

Schätzen Sie doch mal, wie lange Sie jetzt gerade von Ihrem Zuhause zum Stuttgarter Hauptbahnhof brauchen würden (ohne bei Google Maps nachzusehen). Je nachdem, wie oft Sie die Strecke schon gefahren sind und wie nahe Sie an Stuttgart wohnen, werden Sie eine größere Ungenauigkeit in Ihre Schätzung einbeziehen. Aber selbst, wenn Sie die Strecke gut kennen, kann auf dem Weg ein Unfall, eine Umleitung oder ein Stau auftreten, mit dem Sie nicht gerechnet haben. Dabei benötigen Sie für die Aufgabe „Nach Stuttgart fahren“ nicht einmal neue Fähigkeiten, sofern Sie bereits einen Führerschein haben. Wie verhält es sich dann erst mit Aufgaben, die Sie zum ersten Mal erledigen?

Falls jeder nur an einer Aufgabe oder einem Projekt gleichzeitig arbeiten würde, wäre die Sache noch einfach. In der Realität laufen jedoch oft viele Projekte parallel. Die Planungsfehlschlüsse der Aufgaben beeinflussen sich daher gegenseitig. Wenn Sie sich bei einer Aufgabe verschätzen und dafür länger brauchen, haben Sie weniger Zeit für die restlichen Aufgaben. Es lässt sich also sagen, je mehr Aufgaben Sie parallel bearbeiten, desto ungenauer werden Ihre Schätzungen.

Desto mehr Deadlines Sie haben, desto weniger, werden Sie einhalten können

Wenn jemand Sie also fragt, wie lange Sie für eine Aufgabe benötigen, und dann daraus eine Deadline ableitet, ist diese Deadline von einer Schätzung abgeleitet und unterliegt den oben beschriebenen Schätzungsfehlern. Sie werden diese Deadline also nur einhalten können, wenn Sie genug Puffer haben, um diese Fehleinschätzungen abzufangen. Puffer bedeutet in diesem Zusammenhang, dass Sie Zeit von anderen Aufgaben abziehen und stattdessen in diese investieren. Es wäre daher kontraproduktiv, wenn Sie alle Aufgaben mit Deadlines versehen. Sie werden so garantiert nicht alle einhalten können. Das führt zu Stress, erzeugt Gefühle des Versagens und beeinträchtigt Ihre Zuverlässigkeit. Außerdem kann es dazu führen, dass Sie die echten Deadlines nicht mehr von den falschen Deadlines unterscheiden können.

Schützen Sie sich selbst vor falschen Deadlines und sagen Sie auch mal „Nein“

„Prioritäten setzen, heißt auswählen, was liegenbleiben soll.“
~ Helmut Nahr, deutscher Wirtschaftswissenschafter

Wenn Sie „Ja“ zu etwas sagen, sagen Sie auch „Nein“ zu etwas anderem. Umgekehrt bedeutet dies auch, dass wenn Sie „Nein“ zu etwas sagen, Sie „Ja“ zu etwas anderem sagen. Das ist Priorisierung. Wenn Ihnen also wieder jemand eine Deadline setzen möchte, fragen Sie nach, was wirklich hinter dieser Frist steckt. Falls es sich nur um eine Aufgabe innerhalb eines Projektes handelt, die rechtzeitig erledigt werden sollte, finden Sie heraus, wie die Priorität dieses Projektes und der Aufgabe im Vergleich zu Ihren anderen Projekten ist. Im Zweifelsfall sollte Ihr Vorgesetzter diese Frage klären. Wenn Sie die Aufgabe annehmen, klären Sie auch, welche Aufgabe Sie dafür nach hinten verschieben oder ganz streichen können. Ihr Ziel sollte immer sein, Ihrem Unternehmen so viel Mehrwert wie möglich mit so wenig Aufwand wie möglich zu bieten. Auf diese Weise können Sie verhindern, dass zu viele falsche Deadlines in Ihre Selbstorganisation gelangen.

Was Sie tun können, wenn ein „Nein“ nicht akzeptiert wird

Falls in Ihrem Unternehmen kein „Nein“ akzeptiert wird, haben Sie zwei Möglichkeiten. Eine Möglichkeit wäre, „Nein“ einzuführen, auch wenn das anfangs vielleicht nicht beliebt ist. Langfristig werden Sie jedoch eher Ihre Fristen einhalten können als Kolleg*innen, die zu allem „Ja“ sagen und viele falsche Deadlines in ihrer Selbstorganisation haben. Dadurch werden Sie zuverlässiger und bauen Vertrauen auf.

Eine andere Möglichkeit ist, zu allem „Ja“ zu sagen. Im Hintergrund sollten Sie jedoch eine Selbstorganisation haben, mit der Sie genau wissen, welche Deadlines echt sind und welche falsch. Auf diese Weise werden Sie genauso wie die anderen „Ja“-Sager nicht alle Deadlines einhalten können, aber die wichtigsten werden Sie einhalten. Das Problem ist jedoch langfristig und kann nur besser gemanagt werden.

In beiden Vorgehensweisen droht Ärger. Für Ihre persönliche Entwicklung würde ich Ihnen jedoch zum „Nein“ raten. Schließlich sollten Sie Ihre persönliche Entwicklung nicht von einer schlechten Unternehmenskultur und einem schlechten Management abhängig machen.

Wollen Sie oder Ihr Team produktiver arbeiten und Klarheit in eure Fristen reinbringen?
Kontaktieren Sie mich oder vereinbaren Sie ein kostenloses Erstgespräch!

Erstellt von Felix König

Consultant für Qualitätsmanagement und Qualitätssicherung. Mit praxisnahen, agilen und digitalen Ansätze unterstütze ich Sie dabei, regulatorische Anforderungen effizient zu erfüllen.

16. November 2022

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